Auch wenn das jetzt so klingt, als sei Florida nur der Notnagel gewesen: Florida ist ein vielfältiges Land, dem man Unrecht tut, wenn man es aufs Shoppen oder die Maus reduziert. Da wir das Land beide schon kannten, der eine sehr viel besser als die andere (für mich war es die zweite, für mr.minolta die 15. Reise), hatte jeder so seine Vorstellungen und konkreten Wünsche, aber mit etwas Kompromissbereitschaft hatten wir bald eine Route ausgearbeitet, in der von allem etwas untergebracht war, etwas Kultur, aber vor allem Natur, nach der wir nach dem Endloswinter in der großen Stadt wie ausgehungert waren.
Damit keiner meckert: Der Titel des Reiseberichts ist natürlich nicht ganz korrekt, aber ich fand die Alliteration wieder mal so nett. Mit Keys sind natürlich keine Schlüssel, sondern die „Cayos“ im Süden des Landes gemeint; die Kannenpflanzen sind botanisch korrekt eigentlich Schlauchpflanzen, und die Kröten Schildkröten, und gerade von Letzteren wird es jede Menge geben, so daß es vielleicht für die vielen Schildkrötenfreunde hier interessant ist, aber hoffentlich nicht nur für die.
Die Fotos sind, bis auf ganz wenige Ausnahmen, von mr.minolta.
Wir waren gut vier Wochen und über 5000 km unterwegs, von Miami über Key West nach Orlando und dann hinauf in den hohen Norden bis nach Georgia, was wiederum aus Sicht der restlichen USA das ist, was sie Dixie nennen, den tiefen Süden.
Los geht es über London mit British Airways nach Miami mit einem Airbus 380. Bei der gewaltigen Maschine dauert es ewig, bis alle 800 Passagiere an Bord sind, und um uns die Wartezeit zu versüßen, werden wir mit derartig aufdringlich lauter Klassik beschallt, daß es eine Wohltat ist, als sich endlich mal jemand von der Crew zu Wort meldet und das schrille Gefiedel unterbricht. Am Service und Essen hatte zumindest ich nichts dann nichts mehr zu meckern, auch wenn sie bei BA ein bißchen knickerig mit Getränken sind. Es geht eben nichts über die Selbstbedienungswagen bei Air France.
Dafür wird bei den Franzosen natürlich keine an die Hauptmahlzeit anschließende Teatime zelebriert. Als ein Fluggast in der Reihe vor uns fragt, ob sie denn wohl auch Kräutertee bekommen könne, zieht der junge Stewart, der mit so formvollendeter Haltung den Tee ausschenkt, als käme er direkt von der Butlerschule, eine stiff upper lip und antwortet ihr, nein, Madam, wir schenken hier nur englischen Tee aus. Cheerio Miss Sophie!
Auch das Entertainmentprogramm ist unterhaltsam. Es gibt einiges an Spielen und ziemlich viele brandneue Filme, darunter einige, die ich sowieso gern sehen wollte. So ein Langstreckenflug bei Tag, vor allem, wenn man mit der Zeit fliegt, erweckt ja irgendwie das Gefühl, die Zeit dehne sich endlos aus. Da ich sowieso nicht schlafen kann, schaue ich mir, wohl beeinflußt von so viel britischem Flair, Goodbye Christopher Robin an, der die traurige Geschichte hinter den Winnie Pooh-Geschichten erzählt, und welchen zerstörerischen Einfluß diese eigentlich ja so wunderbaren Bücher, die natürlich auch ich als Kind geliebt habe, auf den echten Christopher Robin gehabt haben.
Als wir in Miami landen, bin ich in Gedanken noch ganz im 100 Morgen-Wald und immer noch enttäuscht darüber, daß A.A. Milne so ein charakterschwacher Idiot gewesen sein soll, während wir uns in die endlose Schlange der Hundertschaften einreihen, die ja jetzt allesamt dieser Kathedrale von einem Flugzeug entstiegen sind.
Winnie und seine Freunde scheinen uns dann prompt auch noch eine Weile zu begleiten. Der Wagen, den wir uns im Rental Center abholen, ist ein i-A (ein Toyota Yaris), auf der Fahrt vom Flughafen nach Miami Beach rasen die früher so Speedlimit-hörigen Amerikaner inzwischen durch die nächtlichen Straßen, als hätten sie alle Tigger im Tank, und im Hotel angekommen, hat in unserem Zimmer zuletzt offensichtlich Ferkel gehaust.
Als ich zur Rezeption zurückgehe, um das Zimmer, das wohl seit dem letzten Auszug kein Housekeeping gesehen hat, zu reklamieren, holt Paula Cuba, die uns eingecheckt hat, erschrocken ihre Kollegin Ana Maria Venezuela zur Hilfe, und mir dämmert, daß das, was ich für einen zufällig nach der Insel klingenden Nachnamen gehalten habe, offensichtlich ein Hinweis auf das Herkunftsland ist. Was das nun zu bedeuten hat, kann ich mir nicht erklären, mag das aber auch nicht fragen. Miami hatte meines Wissens schon immer einen hohen Anteil an spanischsprachigen Einwohnern vor allem kubanischer Herkunft, und welchen Zweck dieser Stempel, den man den Personen damit aufdrückt, haben soll, erschließt sich mir nicht. Ich finde es schon irgendwie diskriminierend und bin ganz froh, als ich später noch sehen werde, daß ich nicht allein so denke.
Paula und Ana Maria entscheiden, daß wir für die entstandenen Unannehmlichkeiten ein Upgrade bekommen, und so landen wir ein Stockwerk höher in einer Suite. Das Lexington, das wir uns für die ersten Nächte ausgesucht haben, liegt direkt am Strand und eigentlich wäre das mit dem Zimmer nun ganz toll, wenn denn nicht gerade aktuell eine ziemlich steife Brise vom Atlantik direkt gen Westen wehen würde, die nun also genau auf unserer Fensterfront liegt und permanent pfeift. Auf dem Balkon kann man gar nicht sitzen, selbst das Abstellen eines Getränks ist riskant. Alles in einer Größenordnung von unter einem Liter wird einfach umgeweht.
Das Hotel gefällt uns an sich gut, die Gestaltung der Lobby ist ziemlich edel und läßt es viel teurer wirken, als es ist. Die Zimmer sind aber amerikanischer Durchschnitt und ein klein bißchen abgewohnt, aber das geht eben auch schnell so direkt am Meer, daß alles abblättert. Abendessen gibt es in einem Subway, mit Eistee zum kostenlosen Nachfüllen, herrlich. Dann ist es auch in Miami schon späte Nacht und für uns dringend Schlafenszeit.

