Bombay - einmal und nie wieder

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seybrew
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Bombay - einmal und nie wieder

Beitrag von seybrew »

Wo ich da gerade Andis Indienbericht lese ... da fällt mir doch ein, dass ich dort auch mal war.

Leider habe ich den Bericht damals etwas lieblos runtergeschrieben. Das Ganze war eine sehr kurzfristige Geschichte mit Null Vorbereitung. Wir erfuhren während eines Griechenland-Urlaubs, dass mein Bruder sich in Bombay verloben würde und meine Mutter bat uns, sie dorthin zu begleiten. Kaum aus Griechenland zurückgekommen, ging es auch schon wieder los.



Aufenthalt in Bombay vom 06.09.-10.09.95


Flug nach Bombay mit Angela und Mutti anläßlich Christians Verlobung mit Archana.

Flug von Nürnberg nach Frankfurt ab 9 Uhr 50. Flug von Frankfurt nach Bombay ab ca. 13 Uhr. Flugdauer 7 1/2 Stunden. Ankunft in Bombay ca. 0Uhr.

Christian, Archana und Udai holten uns am Flughafen ab. Zum Teil in Udais Auto, Christian und ich in Mopedrikscha ins Hotel Holiday Inn gefahren. Gleich Bekanntschaft mit feuchter und warmer Luft, Gestank, Dreck, schlechten Straßen, vielen Menschen auf den Straßen, Kühen und Schweinen gemacht.

Das Holiday Inn ist zwar ein Luxushotel, hat aber nicht den aus USA gewöhnten hohen Standard. Der Service könnte etwas besser sein. Lustigerweise kam z.B. um 4 Uhr 45 morgens, als ich mit Mühe gerade am Einschlafen war, der Room Service, um die Minibar aufzufüllen. Die dicken Teppiche muffeln halt etwas. Fenster nicht schallisoliert, so daß man den Lärm der Klimaanlage hört. Das Hotel liegt direkt am Juhu Beach mit einem schönen Blick auf das Meer.

Do. 07.09.
Nach dem Frühstück fuhren wir alle zusammen, Mutti, Angela, Christian, Archana und ich, mit einem Fahrer, den uns Papas früherer Geschäftsfreund Mr. Pant, zur Verfügung stellte, durch die Stadt Richtung Süden, also Richtung Bankenviertel. Wir machten also nicht "Sightseeing", sondern "Lifeseeing". Und was sahen wir da: Chaos, chaotische Verkehrsverhältnisse, viele Taxis, Slums, das heißt zusammengeflickte Hütten zwischen normalen Häusern, die meistens jedoch auch in einem schlechten Zustand waren. Kühe. Viel Abfall direkt neben der Straße, jede Menge Dreck, große Reklametafeln, z.B. für "Kitkat". Viele altersschwache Autos. Der Gestank setzt sich zusammen aus dem nach Scheiße und den Abgasschwaden der Autos. Feucht und heiß war es. Reizüberflutung total, Tausende von Eindrücken. Interessant und faszinierend aber auch sehr schlauchend. Vor allem nach der kurzen Nacht mit sehr wenig Schlaf.
Kleine Pause mit leidlich frischer Luft in einem Park. Wohl einem der ganz wenigen Parks. Dann Fahrt zu einer Art von staatlich kontrolliertem Einkaufszentrum für indische Kleidung und Kunsthandwerk. Dann Essen in einem chinesischen Restaurant. Dann Besichtigung des "Gateway to India", einer Art von riesigem Triumphbogen. Kleiner Ausflug in das Hotel "Taj Mahal", dem wohl besten Hotel in Bombay. Dann haben wir in der Nähe die Schwester von Najan besucht. Die Mutter, die ebenfalls anwesend war, haben wir auch gleich mit kennengelernt. Bißchen was gegessen und getrunken. Zum World Trade Center gelaufen. Dann zurück zum Auto und zum Beginn des "Marine Drive" gefahren. Dort an der Uferpromenade ausgestiegen und die Lichter von "Victoria's Necklace" betrachtet; so wird diese Bucht bezeichnet. Frischen Kokosnußsaft direkt aus den frisch geköpften Nüssen getrunken. Nach Hause gefahren, durch diesen Wahnsinnsverkehr. Hat eindreiviertel Stunden gedauert. Hatten einen sehr guten Fahrer. Noch kurz einen Blick auf den Strand geworfen und dann in die Zimmer zurückgezogen.

Fr. 08.09.
Etwas länger geschlafen. Kurz nach Mittag bin ich mit Angela durch das Stadtviertel Juhu gezogen, in dem sich unser Hotel befindet. Gestank und Lärm herrschten vor. Sehr ärmliche Verhältnisse, aber nicht unbedingt Elend. Selbst die Ärmsten haben meist Augen, aus denen nicht das Elend spricht. So ein Gang zu Fuß ist aber doch sehr anstrengend. Sind dann an den Strand gekommen. Freitag war der Tag, an dem die schon die ganze Woche andauernden Feiern zu Ehren des Gottes Ganesh ihren Höhepunkt erreichten. Unterschiedlich große Figuren des Gottes aus Ton werden von unterschiedlich großen Gruppen (fünf Personen bis zu Hunderten von Menschen) an den Strand getragen. Dort wird der Ganesh ersteinmal in den Sand gesetzt, Räucherstäbchen werden angezündet, man musiziert und tanzt, und dann wird die Figur ins Wasser getragen. Angela und ich sind eine ganze Weile am Strand geblieben und haben uns das bunte Treiben angeschaut. Haben versucht, einen Einblick in den Ablauf des Ganzen zu bekommen. Dann ins Hotel zurück, um uns ein bißchen auszuruhen. Gut daß wir das Hotel haben, gewissermaßen als Oase der Ruhe in all dem nervenden Chaos, das uns hier umgibt. Ein bißchen später haben wir uns dann vom direkt an den Strand angrenzenden, aber etwas erhöht liegenden Garten des Hotel angeschaut, wie sich der Strand mit immer mehr Menschen füllte, wie immer mehr Ganeshs im Meer versenkt wurden, und wie die Geschäfte der Eisverkäufer und anderer Stände langsam in Gang kamen. Leider wurde der erwartete Sonnenuntergang durch aufziehende Bewölkung verhindert.
Abends gab es eine Art von Verlobungsessen im sehr guten chinesischen Restaurant des Hotels. Lernten so noch Christians Sitar-Lehrer Najan, dessen Frau und Bruder, und Mala, eine Freundin von Archana, kennen. Udai war auch da.

Sa. 09.09.
Alle bis auf mich fuhren vormittags weg, um ein bißchen Shopping zu machen. Ich war zu geschlaucht von den vielen Eindrücken und blieb im Hotel. Zuerst schlief ich noch ein bißchen. Dann setze ich mich in den Garten, zischte ein Bier - "Sand Piper" - aus einer hier anscheinend üblichen 0,65 Liter-Flasche und las und beobachtete den Strand. Viele Leute verbrachten hier ihren Nachmittag, gesattelte Kamele und Pferdewagen kamen vorbei auf der Suche nach Kundschaft. Die anderen kamen zurück, Ausruhen im Zimmer. Dann kauften wir in einem der im Hotel befindlichen Läden einige Mitbringsel und drei schöne Figuren aus Sandelholz: einen Ganesh, den Gott des Glücks, der Weisheit und des Neubeginns, eine Figur der Lakschmi, der Göttin des Geldes, und eine Figur des Krischna, des Gottes der Liebe. So hätten wir also alle wichtigen Dinge des Lebens abgedeckt. Anschließend sahen wir uns den diesmal sichtbaren Sonnenuntergang an, bezahlten die Hotelrechnung, DM 5000, und machten uns auf den Weg zu den Srirams, bei denen Christian mal 6 Monate gewohnt hatte. Herrn und Frau Sriram kennengelernt, außerdem deren Schwiegertochter Shirin, die Frau des Sohnes Shrikant, der jedoch nicht anwesend war. Bekamen was typisch Indisches zu essen. Sind aber nicht sehr lange geblieben. Zurück im Hotel die Koffer gepackt. Kurz vor 24 Uhr sind wir dann im Taxi zum Flugplatz gefahren, Christian und Archana sind uns per Mopedrikscha gefolgt. Verabschiedet. Einen Weißwein in der "Taj Mahal Lounge" getrunken. Um 2 Uhr 20 war der Abflug nach Frankfurt. Ganz guten Flug gehabt. Nach dem Essen ein bißchen geschlafen. Um 7 Uhr 40 deutscher Zeit, nach 8 1/2 Stunden Flug kamen wir in Frankfurt an. Sekt in der Senator Lounge - wir hatten so einen VIP-Aufkleber auf den Tickets - Ankunft in Nürnberg um ca. 10 Uhr.
Das Ende eines sehr anstrengenden Kurztrips, mit sehr interessanten und faszinierenden Einblicken in eine völlig andere Welt. Eins bleibt noch festzustellen. Die Inder, die wir auf den Straßen sahen, wie auch die, die wir persönlich kennenlernten, waren alle sehr friedlich und freundlich. Wir hatten keine unliebsamen Begegnungen. Ausnahme: die Bettlerinnen, die manchmal sehr penetrant waren.
Zuletzt geändert von seybrew am 02 Aug 2007 00:10, insgesamt 2-mal geändert.
"Wie glücklich würde mancher leben, wenn er sich um anderer Leute Sachen so wenig bekümmerte, wie um die eigenen.”
Oscar Wilde
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