Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

Es ist inzwischen früher Nachmittag und eigentlich müßte ich ins Triskell zurück, Koffer packen. Nur 20 Kilo werde ich auf dem Inlandsflug morgen dabei haben dürfen, das wird wie ein Tetris-Spiel, bis ich alles sortiert haben werde. Aber so recht kann ich mich von Mahé noch nicht trennen. Und überhaupt gilt es noch ein bißchen Benzin zu verfahren, da ist noch viel zu viel im Tank, das ich Sixt nicht gönne! Also kurve ich noch ein bißchen auf der Küstenstraße umher und halte zum Abschluß an der Takamaka Distillerie an. Auf eine Führung bin ich nicht so wild, es ist eher die Pflanzervilla, die mich interessiert.

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Diese hier soll die älteste sein, noch ein bißchen älter als die im Village Artisanal. Aus dunkel gebeiztem und auf Hochglanz lackiertem Holz ist sie gefertigt, so schön war das Kenwyn House in Victoria auch einmal. Daran muß ich jetzt wieder denken. Hoffentlich wird es nicht abgerissen.

Drinnen befindet sich ein kleiner Souvenirshop, in dem man auch Takamaka bekommt, und ein kleines Restaurant, dahinter ein Rundgang durch die Ruinen der ehemaligen Plantage sowie und ein kleines Schildkrötengehe.
Ich wandere ein bißchen auf dem Gelände herum und sage Hallo zu den Kröten.

Dann geht es ein letztes Mal hinauf zum Triskell, wie immer überholt von Einheimischen, die mit sagenhaftem Tempo über die Bremsbuckel donnern und es dennoch schaffen, ihre Auspufftöpfe nicht zu verlieren. Wie sie das machen, werde ich in diesem Urlaub nicht mehr herausfinden. Was den Steilhang angeht, haben Kia und ich inzwischen Routine. Was ich gemacht hätte, wäre die Straße während meines Aufenthalts einmal richtig regennass gewesen, weiß ich bis heute nicht, ich glaube nicht, daß der Wagen das dann geschafft hätte. Vermutlich hätte ich in der Albizia Lodge weiter unten am Berg um Erlaubnis gefragt, ihn dort parken zu dürfen. Bei der ersten Anfahrt zum Triskell gezahltes Lehrgeld hätte ich mir gern erspart, letztlich bereue ich die Wahl der Unterkunft aber nicht. Das war ein kleines Abenteuer und gehörte zum Gesamtpaket dazu. Überhaupt wird mir angesichts des baldigen Abschieds sowieso ganz traurig zumute. Wie wohl ich mich hier gefühlt habe, nicht nur wegen der unglaublich schönen Umgebung, sondern auch, weil ich von Natasha, Charlemagne und Benjamin wie ein Familienmitglied behandelt und aufgenommen wurde.

Am letzten Abend gibt es nochmal einen Karamellflan zum Dessert und ein Gespräch über La Digue.
Ich solle mich nicht wundern, sagt Natasha, La Digue werde sich in sechs Jahren sehr verändert haben. Früher sei La Digue für die Bewohner Mahés ein Urlaubsziel gewesen, wo man das einfache Leben gesucht habe, Ferien auf dem Land sozusagen. Das sei vorbei, La Digue habe seine Authentizität verloren, echtes kreolisches Leben gebe es dort nicht mehr. Hotels wie die Domaine gehörten nicht nach La Digue, hochpreisige Hotellerie, dafür habe man auf den Seychellen bereits genügend Inseln reserviert, wer so etwas suche, könne nach Silhouette, Frégate oder North gehen. Mit so eindeutigen Aussagen hätte ich hier gar nicht gerechnet, Natasha ist selbst im „Business“, neben dem Triskell betreibt sie eine kleine Agentur für Strandhochzeiten. Aber es ist nicht die Sache an sich, die sie kritisiert, es ist die Maßlosigkeit, mit der sie betrieben wird.

Während ich ihr zuhöre und im Geiste beständig zustimmend nicke, fällt mein Blick auf eines der Ölgemälde, die an den Wänden der großen Terrasse hängen, eine Hinterlassenschaft des ehemaligen Besitzers Erwan. Ich erzähle Natasha, was ich heute bei Tom Bowers gelernt habe. Ja, sagt sie, das Bild stellt Tonpa dar. Daher also die seltsame Vertrautheit, seit 8 Tagen schaut mir Tonpas Konterfei morgens beim Frühstück zu.

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Natürlich ist er auch für die Natasha eine vertraute Figur. Er sei nicht nur Musiker, sondern auch ein Komödiant gewesen. Ich bekomme ein paar youtube-Videos vorgespielt, der Klang der Bonm ist gewöhnungsbedürftig. Mit etwas Nachhilfe verstehe ich die frivolen Texte einiger Lieder, manche Stücke wirken aber auch eher melancholisch. Hier mal ein Beispielvideo, das vielleicht schon aufgrund der alten Filmaufnahmen ein bißchen interessant ist:

https://www.youtube.com/watch?v=VmoKBbVlSUU

Daß die traditionelle Musik des indischen Ozeans, besonders die der Réunion, häufig eine gewisse Schwermut transportiert, habe ich mir immer damit zu erklären versucht, daß sie ihren Ursprung noch in den Zeiten der Sklaverei hat und so Unterdrückung, Identitätsverlust und Entwurzelung verarbeitet wurden. Nach Ansicht meines Onkels liegt es jedoch schlicht an den Bergen. Hohe Berge bedrückten die Menschen, deshalb sei Mauritius auch die fröhlichste aller Inseln des Indiks. Vielleicht hat er Recht, die Klänge der Karibik sind jedenfalls eindeutig lebensfroher und modernerer Seychellenpop kommt mir dann auch immer irgendwie reggaelastiger vor.

Der Koffer ist gepackt, das Zimmer nach vergessenen Gegenständen durchsucht, das letzte Frühstück gegessen. Ein letzter Blick über meine kleine Terrasse, Abschied von Skinken, Bülbüls, Natasha und Charlemagne. Alles wird mir fehlen, und sollte ich wieder einen Aufenthalt auf Mahé planen, dann sehr gern wieder hier.

Dann tuckern Kia und ich langsam und etwas verloren hinunter zur Küstenstraße, durch die Rauchschwaden der Einheimischen, die trotz Verbots in der ungewöhnlich lange andauernden Trockenzeit ihre offenen Feuer entzünden.

Eine kleine Einstimmung auf La Digue:

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Den Kia gebe ich problemlos und mit viel zuviel Benzin im Tank bei Sixt ab, und da ich, wie viele FahrerInnen, nach 8 Tagen natürlich längst begonnen habe, die Maschine zu vermenschlichen, bekommt er einen entschuldigenden Streichler über den zerkratzen Spoiler vorn links. Naja, wenn ich mich so umschaue, befindet er sich damit in bester Gesellschaft, von den anderen Leihwagen ringsum sehen da einige auch nicht besser aus.

Bis zur Abreise bleiben mir noch vier Stunden, daher entledige ich mich des Koffers bei der Polizei und fahre zum Botanischen Garten. Im Bus gibt es diesmal keinen Sitzplatz mehr für mich. Kaum fährt der Fahrer los, tippt mich ein Mann an die Schulter und gibt mir zu verstehen, ich solle mich mit beiden Händen festhalten. Recht hat er, im Stehen gleicht die ganze Fahrt noch sehr viel mehr einer Achterbahn.

Der Botanische Garten kostet 100 Rupien Eintritt, wenn ich das Schildkrötengehe sehen möchte, in dem sie auch Terrapins zeigen, kostet das noch einmal 60. Die spinnen wohl! Terrapins habe ich sehr viel netter im Banyan Tree gesehen, diese dreiste Abzocke wird nicht unterstützt. Sie schneiden sich damit auch ins eigene Fleisch, denn die meisten Besucher reagieren so wie ich.

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Der Rest des Gartens hat aber auch noch genug zu bieten. Am Seerosenteich mache ich eine längere Pause und trete dann gemütlich den Rückweg an. Ich habe noch viel Zeit, obendrein kommt auch gleich ein Bus, da werde ich früh am Flughafen sein und kann noch in Ruhe ein Stück Pizza essen. Am nächsten Kreisel biegen wir dann unerwartet rechts ab und schrauben uns die Sans Soucis Road hoch. Na großartig, ich sitze im falschen Bus!

Die nächste Haltestelle liegt ein Stück abseits der Sans Soucis Road in einem Wohngebiet namens Copolia Turnpoint. Hierhin hat sich vermutlich noch nie ein Tourist verirrt und das wütende Gebell der Winnies begleitet mich, während ich nach Mont Fleuri zurückgehe. Gottseidank ist es nicht weit.
Diesmal passe ich besser auf und sitze dann auch im richtigen Bus zurück zum Flughafen.

So endet Mahé schließlich noch mit einem weiteren kleinen Abenteuer. Alles in allem war es eine aufregende, wundervolle Woche.

Dann zerre ich meinen Koffer in das in den letzten Jahren vollkommen umgestaltete Domestic Terminal, in dem große Schilder weitere Veränderungen in Form einer Shopping Mall ankündigen. Kein hemdsärmliger Muskelprotz mehr, der die Koffer hinter den Holztresen wuchtet. Der Koffer bringt es am Schalter auf stolze 23,5 Kilo, mir wird ganz schwach. Die Mitarbeiterin von Air Seychelles reagiert aber gar nicht, ohne Schwierigkeiten zittert der Koffer ab und verschwindet hinter den Kulissen. Uff.

Zu Beginn der Reiseplanung, noch im „alles mitnehmen“-Wahn, buchte ich einen Platz ganz vorn links im Islandhopper, ich wollte doch auch mal ins Cockpit fotografieren. Das bereue ich jetzt. Den Blick ins Cockpit finde ich ein bißchen langweilig, dafür kann man hier vorn nicht richtig aus dem Fenster gucken ohne sich den Hals zu verrenken. Aber der Flug dauert ja auch nicht lange.

Um 14 Uhr geht es los, bei schönstem Sonnenschein und besten Sichtverhältnissen. Als wir uns Praslin nähern, erkenne ich die Grand Anse und in der Ferne Cousin und Cousine und Vorfreude macht sich breit.

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Auf Praslin nehme ich ein Taxi zur Jetty. Dan, so heißt der Fahrer, ist ein netter Typ und erzählt mir ein bißchen, während wir die Grand Anse entlangfahren, wo ich mich von den letzten Aufenthalten her noch ein bißchen auskenne. Aber auch hier scheint erheblich gebaut worden zu sein. Spontan kommt mir die Idee, nicht direkt zur Jetty zu fahren, denn die Berichte über die Bebauungspläne an der Lazio kommen mir in den Sinn, und ich frage Dan, was es kosten würde, mich einmal rund um die Insel zu fahren. 1200 Rupees schätzt er, das deckt sich dann später ziemlich genau mit dem Taxameter. Ich möchte die Lazio noch einmal so sehen, wie sie jetzt ist, das Gebiet wird in ein paar Jahren sicher nicht mehr wiederzuerkennen sein.

Als wir auf die Straße abbiegen, die das Maital durchquert, erwähne ich, daß ich noch nie am Wasserfall gewesen bin. Dan geht sofort in die Eisen und tut, was ich als Tourist mich wohl kaum trauen würde. Er schaltet den Warnblinker ein und läßt den Wagen einfach mitten auf der Straße stehen. Auf dem kurzen Pfad zum Wasserfall stellt sich die Bezwingerin des Copolia Trails dann schon wieder an wie der erste Mensch und stolpert elegant wie ein sechzehnjähriges Reh hinter Dan her.

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Auf Praslin hat es seit Anfang August nicht geregnet und entsprechend dünn ist das Rinnsal, das da vom Berg getröpfelt kommt. Es ist aber trotzdem sehr schön, Dan macht ein Foto von mir und ist jetzt voll im Reiseleitermodus. Weibliche und männliche Coco fesses und den Pierre de l'Unité, das muß ich jetzt alles noch sehen. Ich kenne das zwar schon, seinen Enthusiasmus zu bremsen täte mir jetzt aber irgendwie leid, also stelle ich mich überall nochmals auf und lasse mich fotografieren. Hier im Maital scheint alles unverändert, lediglich eine große Bushaltestelle mit Wartehäuschen gibt es jetzt.

Auf dem Weg zur Lazio zeigt Dan mir schon die ersten Straßen, die für den allgemeinen Straßenverkehr gesperrt wurden, um den Baufahrzeugen den ungehinderten Zugang zu ermöglichen. Man kann von hier aus nicht erkennen, was weiter unten Richtung Strand gebaut werden wird, Dan spricht von größeren Hotels und zeigt mir, wo rechts der Zufahrtsstraße zur Lazio überall sonst noch gebaut werden wird.

An der Lazio steige ich kurz aus und gehe ein paar Minuten an den Strand. Das Netz ist wieder da, sagt Dan, das sei nur kurz weggewesen, danach habe man ein Stabileres eingesetzt. Das sei wegen der Haie 2011. Auch ein Hinweisschild auf eine Strandwache gibt es.

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Auf der Rückfahrt zähle ich bis Cote d'Or sieben Reiseveranstalterkleinbusse, die uns entgegenkommen, zwei, die in unsere Richtung fahren. An einer Stelle gibt es einen Engpaß, zwei Busse passen Baye Ternaymässig nur so knapp aneinander vorbei, daß es eines fünfminütigen Herumrangierens bedarf. Dan sagt, die Straßen seien für das heutige Verkehrsaufkommen eben auch nicht geeignet, die seien ja alle noch von den Engländern angelegt, und seither sei hier bis auf Ausbesserungsarbeiten nichts passiert. Ich finde ja, auch die Lazio ist für solche Menschenmassen nicht geeignet, aber das sage ich natürlich nicht. :wink:

Dan findet, Cote d'Or sei der schönste Strand Praslins. Ich habe über die enorme Kriminalitätsrate auf Praslin schon vor einiger Zeit in der Zeitung gelesen und schaue aufmerksam aus dem Fenster. An diesem Wochenende beginnt das Festival Kreol, einige Bühnen sind schon aufgebaut. Es wirkt dörflich, hier in Cote d’Or, so an einem sonnigen Samstagnachmittag, und auch ganz harmlos.

Danach fahren wir zur Jetty. Für die unterhaltsame Autofahrt bekommt Dan ein Trinkgeld, womit er ganz offensichtlich nicht gerechnet hat und das er zuerst auch nicht annehmen möchte. All die kleinen Extras, wie das Anhalten am Wasserfall und den Cocos fesses hat er ohne eine Gegenleistung zu erwarten getan. Dafür frage ich ihn, ob ich ihn in meinem Reisebericht mit Foto verewigen darf. Darüber freut er sich. Das ist Dan, der netteste Taxifahrer, den ich auf Praslin je hatte:

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Mein online gebuchtes und per pdf auf dem Iphone gespeichertes Fährticket können die Damen im Cat Rose’s Büro nicht ablesen. Tickets solle man ausdrucken, bekomme ich ungehalten um die Ohren gehauen. Ja, ganz sicher werde ich mir jetzt hier kein zweites Ticket kaufen, wenn sie sowas nicht auslesen können, weshalb wird Online-Buchung denn dann angeboten? Ich schiebe das Iphone samt Paß nachdrücklich über den Tresen. Da steht alles, Namen, Geburtsdatum, Tag, Uhrzeit, das ist genausogut wie ausgedruckt. Siehe da, ein blaues Plastikkärtchen wandert in meine Richtung.

Im Port Side Café gibt es immer leckeres Essen, heute sind es Burger mit einer würzigen kreolischen Soße. Bis die Fähre ablegt, habe ich noch viel Zeit, knabbere an meinem Burger, kämpfe mit dem widerspenstigen W-Lan und bin gespannt auf La Digue. Ob ich die kleine Insel nach 6 Jahren wirklich nicht mehr wiedererkenne? In den letzten Jahren habe ich viele Bilder in Reiseberichten und Zeitungsartikeln gesehen und ich glaube mich auf die Veränderungen seelisch vorbereitet. Ich hätte mich ja nicht ärger täuschen können.

Willkommen auf La Digue, der autofreien Insel!

https://vimeo.com/241647197
Zuletzt geändert von Suse am 17 Nov 2017 13:06, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn du keine Kokosmilch hast, machste einfach normales Wasser.
- Grubi -

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ronjalynn
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von ronjalynn »

Hey Suse,

freut mich sehr das du so viele positive Dinge erlebt hast!

Doch ab jetzt bekommen ich Angst..... I)

LG Kendra
Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht.
Er könnte Anlauf nehmen.
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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

ronjalynn hat geschrieben:Hey Suse,

freut mich sehr das du so viele positive Dinge erlebt hast!

Doch ab jetzt bekommen ich Angst..... I)

LG Kendra
Keine Sorge, ich habe auch auf La Digue ein paar schöne Dinge erlebt! :D
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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

Für alle diejenigen, die sich für die La Digue-Ponys interessieren, habe ich einen kleinen Nachtrag, bevor es mit La Digue selbst weitergeht.
Da das Treffen ja leider nicht zustande gekommen ist, darf ich mit freundlicher Genehmigung von Elsezare ein paar aktuelle Fotos von Tyangoman und Azhar in ihrem neuen Zuhause zeigen. Die Aufnahmen sind somit nicht von mir, sondern stammen aus dem Fundus der Reitschule:

Tyangoman

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und Azhar:

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Beide Pferde sehen für ihr Alter fantastisch und viel munterer und zufriedener als zuletzt auf dem l'Union Estate-Gelände aus. Sie werden altersentsprechend leicht und offensichtlich mit viel Sachverstand gearbeitet. Ich freu mich sehr für die beiden alten Knaben und über die Bilder.
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mr.minolta
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von mr.minolta »

Suse hat geschrieben:Keine Sorge, ich habe auch auf La Digue ein paar schöne Dinge erlebt! :D
Das kann ich mir gut vorstellen!

Hab gehört, daß die Local Guides jetzt kostenlose Baustellen-Besichtigungen anbieten! :D
Es scheint, daß es neben der Republik der Seychellen auf der Welt kein zweites Land gibt, das für sich selbst derart ausdrücklich mit besonderem Umweltschutz wirbt und in der Realität so unfaßbar dreist das absolute Gegenteil davon praktiziert.
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wildgartenhexe
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von wildgartenhexe »

Hallo Suse
Erstmal vielen herzlichen Dank für Deine so ganz neuen aktuellen Berichte.Kompliment für Deinen Mut auf Mahe´mit einem Auto zu fahren.
Beim Lesen merkt man dann wie fix Du alles besuchen konntest, klarer Vorteil einerseits aaaber hätte ich mich nicht getraut. Wir waren jetzt
2 einhalb Jahre nicht mehr da -doch alles irgendwie vertraut,zwischen Wehmut und Entsetzen schaue ich Deine schönen Fotos an und versuche daran
zu glauben, daß noch was zu retten ist .Der ganze Süden von Mahé sollte unter strengsten Schutz gestellt werden, sobald auch nur ein Bagger da
die Wildnis anknabbert,wird weiter gefressen hier noch und da noch und dabei vergessen,daß man sich ja auf einer Insel befindet.
Besonders schlimm--wollen die wirklich den Anse Lacio zubauen? --Naiv von mir zu glauben die Überbevölkerung unseres Planeten würde von den
Paradiesen ihre geldgierigen Pfoten lassen.
Doch bei aller Meckerei, die Seychellen müssen wohl immer noch, zumindest oberflächlich gesehen, für Erstbesucher traumhaft rüberkommen
L. GR.Sylvie
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Pico
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Pico »

Oh, mir kommt ja so vieles so bekannt vor... die schönen wie auch die frustrierenden Dinge.
Danke für das Update und den weiterhin tollen Bericht!

Toll dass es die beiden Ponys noch gibt und es ihnen gut geht! Ja, ich kann mich noch gut an die Tiere auf La Digue erinnern. Habe noch ein Foto aus dem Jahre 2005, seufz...

Freue mich auf den La Digue-Teil.
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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

Das mit dem Autofahren ist gar nicht so schlimm. Ich hatte mir nur für den Anfang ein paar erschwerte Bedingungen ausgesucht. :lol:
wildgartenhexe hat geschrieben: Besonders schlimm--wollen die wirklich den Anse Lacio zubauen? -
Ja, dazu gab es hier auch einen Thread bzw. verlinkte Artikel. Es sind ziemlich umfangreiche Bauprojekte geplant.

Mahés Süden, ach, eigentlich ganz Mahé, fand ich gar nicht so schlimm, das mischt sich ganz gut mit den touristischen Einrichtungen und den Häusern und Betrieben der Einheimischen. Da findet wirklich noch echtes Leben statt. Schlimm fand ich La Digue, das ist inzwischen wie ein einziger Robinsonclub. Naja, ich erzähle jetzt mal davon.
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Pico
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Pico »

Ich fand letztes Jahr Mahé auch wesentlich ruhiger und angenehmer als La Digue.
Unsere Freundin, die im Norden von Mahé wohnt, erzählte uns bei unserem Besuch im letzten Jahr dass sie kurz zuvor seit langem mal wieder auf La Digue war (jeder hat da ja irgendwie Verwandschaft) und meinte nur, sie war froh da wieder wegzukommen und wieder in ihrem ruhigen Zuhause zu sein. Wir konnten sie sehr gut verstehen... :(
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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

Wer nun meint, ich habe bestimmt Stunden und Tage damit zugebracht, am kleinen Kreisel in La Passe zu lauern, damit mir ein Video mit solchen

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Aufnahmen gelingt, der irrt. So ein Video, wie im letzten Reiseberichtsbeitrag verlinkt, hätte ich an jedem Tag und zu jeder Zeit aufnehmen können, von den Nachtstunden vielleicht einmal abgesehen. Im Gegenteil, wer genau hinschaut, sieht, daß das Video an einem späteren Tag aufgenommen wurde, nämlich am Tag, als der Regen kam (wer jetzt einen Ohrwurm hat, gern geschehen :wink: ) und auf den Straßen verhältnismäßig wenig los war. An einem sonnigen Tag hätte das Verkehrsaufkommen noch ganz anders ausgesehen.

Was sich mir tatsächlich am Nachmittag meiner Ankunft auf La Digue als erstes präsentierte, war in Wirklichkeit noch viel treffender und könnte keinen größeren Symbolcharakter haben für das, was La Digue derzeit ausmacht:

Ein Betonmischer,

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der, frisch angeliefert und noch originalverpackt, vor mir her in Richtung Taxistand geschoben wird.

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Die auf La Digue lebende Freundin hat organisiert, daß ein Bekannter mich abholt. Natürlich wollte ich einen Ochsenkarren, aber alles, was man diesbezüglich bekommen könnte, wäre ein kleines Hämmerchen, um sich die Wünsche aus dem Kopf zu schlagen ( eine Standardreaktion meiner Mutter auf unverhältnismäßige Weihnachtswunschzettel :lol: ).
Der einzige Ochsenkarren, den ich in den nächsten Tagen zu sehen bekommen werde, ist der auf dem Etikett meiner Charrette-Flasche...

Aber es ist dann wenigstens einer dieser Elektrobuggys, der mich abholt, während genügend verbrennungsmotorbetriebene Großraumtaxis am Hafen herumstehen.

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Trotzdem nicht wirklich glücklich, sitze ich in dem Gefährt und betrachte meine Zehenspitzen, so daß mein erster Eindruck sich vor allem darauf beschränkt, wie das Taxi sich hupend seinen Weg durch die Mengen an Radfahrern bahnt. Du meine Güte, was hier los ist!

Am Ziel am anderen Ende der Insel angekommen, finde ich auch gleich den für mich versteckten Schlüssel und muß mich zunächst einmal mit den zwei Hauswächtern auseinandersetzen. Ich halte das wie Tom Bowers, ich stelle mich den beiden Hunden ordentlich unter Zuhilfenahme und eigens zu diesem Zweck aus Deutschland herangeschleppter Leckerlies vor. So wird wütendes Gebell bald in Schwanzwedeln verwandelt.

Am Abend radeln wir nach La Passe, der Himmel ist sternenklar und wir wollen am Hafen essen. Im Dunklen radeln wir los, aber das ändert sich bald, inzwischen hat Straßenbeleuchtung an vielen Stellen auf La Digue Einzug gehalten. Solarlampen, dem „Ökocharakter“ der Insel angepaßt. Eine Änderung, die ich ausnahmsweise für sinnvoll halte, da sie den zunehmenden Menschenmengen Rechnung trägt, die sich auf den Straßen bewegen. Ändert nichts daran, daß ich unterwegs wohl das eine oder andere Schlagloch mitgenommen habe, denn als wir uns La Passe nähern, weckt ein vertrautes Geräusch Erinnerungen an Mahé: Fumpfumpfump geht es. Ich habe den Fluch von Mahé mitgebracht, mein Vorderreifen ist platt...

So schieben wir die letzten Meter bis zum Takeaway und ich sehe, was vorhin im Taxi nur so an mir vorbeigeflogen ist. La Passe hat sich verändert, und zwar gewaltig. Überall sind neue Gebäude entstanden, aus einigen Restaurants wummert Musik, dominiert von einem namens Fish Trap, mit Springbrunnen vor der Tür und heller Beleuchtung.

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Das Tarosa hat sich ein eigenes Takeaway an der Straße gegönnt, vor dem eine kleine Schlange steht, auch die anderen Takeaways sind voll besetzt. Menschenmengen bewegen sich auf der Straße, zu Fuß, zu Rad, dazwischen die Elektrobuggys. Ich weiß gar nicht, was ich von all dem halten soll.

Wir setzen uns an den Hafen, Gesprächsfetzen von Gruppen anderer Touristen dringen herüber, darum, wer schon mit wem auf welchem Felsen war und die aktuellen Taucherlebnisse geht es, alles ist mega. Die Gespräche sind auch ohne Lauschabsicht nicht zu überhören. La Digue ist klein, jeder kennt jeden, man beobachtet sich gegenseitig, es wird gelästert. Ich muß an den Thai-Imbiß, in dem ich zuhause in Berlin manchmal mittags Essen hole, denken. Dort haben sie eine Zeitschrift ausliegen, Der Farang heißt das Blatt, eine Zeitung für Urlauber und Residents in Thailand. Darin blättere ich manchmal, während ich auf meine Tom Kha Gai warte, und manches, was ich hier höre, erinnert mich an die Artikel darin. La Digue hat jetzt einen Coolness-Faktor! Wer gehört zur Insiderszene, wer kennt die Inseln am besten, wer hat schon die Initiationsriten bestanden und Takamaka durch den Schnorchel getrunken? Und nicht nur das weckt Assoziationen zu überlaufenen asiatischen Hotspots der sensationsgeilen globetrottenden Welt: Auch die erste Fullmoon Party hat La Digue schon hinter sich:

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Für den Sonntag hatten wir einen Ausflug nach Marianne geplant, aber noch am Samstagabend treffen wir Nevis, der die geplante Fahrt aufgrund des Wetters absagt. Zu unruhig sei es, Anlegen nicht möglich. Aufgrund des Arbeitspensums meiner Freundin werden wir das leider an keinem anderen Tag der Woche nachholen können.

So breche ich am Sonntag zu einer Radtour um die Insel auf. Die ehemaligen Lieblingsplätze zuerst, also auf zu Jules. Die Fahrradfahrermassen kollidieren umso mehr mit den Elektrobuggys, Taxis und auch heute am Sonntag nicht wenigen Baustellenfahrzeugen, als einige, vermutlich gerade erst angekommene Radfahrer sich noch nicht an das Linksfahren gewöhnt haben oder aber die Verhältnisse auf der Insel nicht richtig einschätzen und glauben, es handele sich hier tatsächlich noch um eine Fahrradinsel auf der man die gesamte Straßenbreite ungestraft ausnutzen dürfe. Es wird gehupt wie in einer italienischen Kleinstadt zum Feierabend, ich beobachte einige Fast-Kollisionen. Hoffentlich wird das drüben auf der Ostseite der Insel besser.

Vor der Sévère sind die letzten Baulücken inzwischen auch geschlossen und ein durchgehender Zaun zieht sich um die Kurve.

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Daran schließen sich diverse Fruchtsaftbuden und Souvenirstände an. Der Stand von Roots und Mala Rama ist leider leer, hier hätte ich gern mal gestöbert.


Am Patatran hat sich die Zahl der abgestellten Fahrräder verzigfacht,

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wo sollen die alle sein, etwa an dem kleinen Flecken von einem Strand da unten? Im Restaurant sitzt jedenfalls niemand, aber der Trend geht hier auch eher zum abendlichen Buffet. Viele bieten das jetzt an, inklusive Taxiservice übrigens.

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Auch hier entlang der Straße Straßenbeleuchtung mit Sonnenkollektoren. Gut so, so viele Autos, wie mir inzwischen aus beiden Richtungen begegnet sind, möchte ich hier auch nicht abends im Dunklen womöglich noch mit einem Fahrrad ohne Beleuchtung fahren.

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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

Autos und Fahrräder sind übrigens nicht das einzige, das hier herumfährt, auch ein seltsames E-Bike mit Ballonreifen kreuzt mehrmals auf der Küstenstraße hin und her. Ein Elektrofahrrad ist es nicht, der Mann, der darauf sitzt, benutzt die Pedale nicht, auch nicht bergauf. Es sieht eher aus wie ein schmaler Chopper, der Elektroantrieb scheint ohne unterstützende Muskelkraft zu funktionieren. Später sehe ich noch mehrere dieser Gefährte mit Polizisten im Sattel. Leider gelingt mir kein Foto, so lautlos wie die Dinger von hinten herankommen, so schnell sind sie auch, ich schätze sie locker auf 40 Stundenkilometer. Ein bißchen Suchen auf youtube hat etwas zutage gefördert, das dem nahekommt, was ich auf La Digue gesehen habe:

https://www.youtube.com/watch?v=qLvMIal5-nQ

Als die Küstenstraße an der Anse Gaulettes in den Sandweg übergeht, bin ich gespannt, ob hier, wo, so lange wie ich La Digue kenne, nur zwei einfache kreolische Wellblechhäuser etwas zurückgesetzt von der Piste in gepflegten Gärten standen, noch etwas authentisches kreolisches Leben erhalten geblieben ist. Hier hatten wir vor sechs Jahren ein nettes Erlebnis mit zwei Kindern, die wohl befürchteten, wir würden Großmutters Stammplatz klauen wollen, einen am Weg unter einem Baum stehenden Plastikstuhl. Während wir eigentlich nur eine besonders große und besonders rote Krabbe beobachten wollten, die genau unter diesem Stuhl ihren Hauseingang hatte. Die Kinder dürften inzwischen Jugendliche sein. Ob die Großmutter noch lebt und auf ihrem Stammplatz sitzt?

Die dezenten Hinweise am Wegesrand lesend, ahne ich schon, daß mein Hoffen vergebens ist:

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Die Häuser stehen noch. Auch der Plastikstuhl ist noch da, aber die Lust, direkt an der Straße zu sitzen, ist Großmutter wohl inzwischen vergangen, er steht jetzt mitten im Garten. Großmutters Ausblick hat sich allerdings auch verändert. Denn da, wo neben dem linken der beiden Häuser sich nur Granit und Natur anschloß, steht nun ein Hotel von absurder Größe. Geradezu grotesk wirkt es neben der kleinen kreolischen Case:

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Le Relax Luxury Lodge heißt der Kasten, der an eine noch nicht ganz fertig verputzte Tiefgarage erinnert. Am schmalen Strandstreifen gegenüber stehen zwei Liegen im Schatten, auf denen Gäste Zeitung lesen. Wasser ist, wie tagsüber meistens hier, keines da, die Tide ist hier besonders stark, die Riffplatte ist, soweit das Auge sehen kann, kaum von Wasser bedeckt. Das Strömungswarnschild nimmt sich hier, wo man sowieso die meiste Zeit des Tages nicht schwimmen kann, geradezu lächerlich aus. Und die gleichen Grammatikfehler wie das Schild an der Grand Anse hat es außerdem.

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Den Relax Luxury-Schock habe ich noch nicht ganz verdaut, als wenig später die nächsten Bauprojekte auftauchen, Appartmenthäuser an der Anse Grosse Roche:

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Dann erreiche ich die Anse Banane. Vor dem, was einmal das Anse Banane Cottage war, steht ein weißer SUV, es muß wohl ein Taxi sein, wo Privatfahrzeuge auf der Insel doch für niemanden auf La Digue erlaubt sein sollen, wenn man von der grauen Eminenz Grégoire einmal absieht... :wink:

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Jules‘ Saftbar macht auf den ersten Blick einen fast unveränderten Eindruck, sehr vergrößert sieht sie von außen nicht aus, wenn man mal von den um die Hütte herum aufgestellten Tischen unter freiem Himmel absieht. Aber innen muß sich wohl etwas getan haben, wo sollten die Menschen, die zu all diesen Fahrrädern gehören, sonst wohl sitzen?

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Ich radele zunächst daran vorbei und bis zum Straßenende an der Anse Fourmis durch, dort stelle ich das Fahrrad ab und schaue mich um. Der zunehmende geführte Wandertourismus läßt den Weg in die Felsen zwischen Anse Fourmis und Anse Caiman inzwischen deutlich ausgetreten wirken, hier gehen inzwischen viele Menschen, darauf weisen auch die zwischenden Felsen abgestellten Fahrräder hin. Ich könnte auch gehen, es ist gerade absoluter Wassertiefstand, aber ich bin neugieriger, wie der Weg zwischen den Felsen inzwischen aussieht.

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Anfangs wirkt es tatsächlich so, als sei hier inzwischen ein Weg entstanden, nach ein paar Metern geht es dann aber doch hinauf ins Gebälk und ich kehre um. Ein letzter Blick aus dem Gebüsch auf den Ort, an dem ich ja eigentlich jetzt sein wollte, Marianne.

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Auch hier am Ende der Insel wird gebaut, halsbrecherisch balanciert das Baumaterial auf der Grundstücksmauer.


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Zuletzt geändert von Suse am 18 Nov 2017 00:28, insgesamt 1-mal geändert.
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mr.minolta
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von mr.minolta »

Suse hat geschrieben:Großmutters Ausblick hat sich allerdings auch verändert. Denn da, wo neben dem linken der beiden Häuser sich nur Granit und Natur anschloß, steht nun ein Hotel von absurder Größe. Geradezu grotesk wirkt es neben der kleinen kreolischen Case:

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So sah die Umgebung der kleinen kreolischen Case 2011 noch aus, Großmutters Plastikstuhl hier nicht sichtbar vor der Pfütze:

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Es scheint, daß es neben der Republik der Seychellen auf der Welt kein zweites Land gibt, das für sich selbst derart ausdrücklich mit besonderem Umweltschutz wirbt und in der Realität so unfaßbar dreist das absolute Gegenteil davon praktiziert.
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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

Jules‘ Schwester scheint ihre Saftbar aufgegeben zu haben, die Hütte wirkt von innen verfallen. Dafür steht ein Taxi in der Einfahrt, vermutlich ein lohnenderes Unternehmen als ein Konkurrenzbetrieb in unmittelbarer Nähe zum geschäftstüchtigen Bruder.

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Den suche ich jetzt auf und bin eingedenk der vielen schönen Stunden, die wir hier früher verbracht haben, wirklich gewillt, ihm einen Sympathiebonus zu geben, ganz egal, wie der Laden mir jetzt gefallen sollte. Ich habe Jules als sympathischen Mann in Erinnerung, dem ich einen geschäftlichen Erfolg durchaus gönne. Es nützt jedoch nichts. Auch mit Sympathiebonus kann ich dem hier nichts mehr abgewinnen. Es fängt schon beim Namen an. Chez Jules, Schnickschnack. Wenn er seine Palmwedelhütte wenigstens kreolisch Kot Jules genannt hätte. Naja, ok, schon während ich das schreibe, wird mir klar, das mag für eine Saftbude gehen, aber nicht für etwas, das Restaurantanspruch hat. Für europäische Ohren schwingt da vermutlich etwas Unappetitliches mit.

Im Restaurant gibt es jetzt eine Bar, hinter der der Chef mit strengem Gesicht höchstpersönlich Getränke vorbereitet. Er hat alles im Blick, die vier Bedienungen plus den eigenen Sohn, der vor 6 Jahren schon begeistert beim Kellnern half und auch jetzt mit Elan bei der Sache ist. Ich erwarte nicht etwa, daß mich hier jemand wiedererkennt und spreche Jules auch nicht an. Es wirkt auch nicht, als hätte er auch nur eine einzige Minute Zeit zum Plaudern.

Das Lokal ist vollgestopft mit Tischen, und entlang der halbhohen Wände ist eine Art Tresen angebracht, an dem dicht an dicht Barhocker stehen. Wäre das Lokal wirklich bis auf den letzten Platz besetzt, wäre hier für niemanden mehr ein Durchkommen, es ist so schon schwierig. Stühle werden gerückt, Tische verschoben. Ich finde einen Platz an einem Tisch direkt vorm Klo, aber immerhin muß ich nicht auf so einem Barhocker sitzen.

Als ich die Karte aufklappe, traue ich meinen Augen nicht was hier für Preise verlangt werden, und obwohl ich eigentlich um der alten Zeiten willen ein Hühnchensandwich essen wollte, bestelle ich nur ein Eis für 25 Rupien die Kugel.

Der Oktopussalat ist mit 300 Rupien pro Portion der teuerste, den ich auf der ganzen Insel sehe, überhaupt sind die Preise gesalzen. Auch wenn der Oktopussalat als besonders lecker gilt, bin ich erstaunt, daß er damit durchkommt und der Laden so brummt. Trotz der weiten Anfahrt herrscht wirklich ein einziges Kommen und Gehen, es ist unruhig und eng. Von Viou Viou keine Spur. Mittagszeit ist schon vorüber, aber die haben immer noch richtig zu tun. Ich bezahle mein Eis und hole mein Fahrrad. Ich bin nicht mal besonders traurig, denn irgendwie hatte ich es erwartet. Hierher zieht mich nichts mehr, ich weiß jetzt schon, daß ich auf dieser Reise nicht noch einmal wiederkommen werde.

Auf der Rückfahrt kommen mir vor der Anse Banane noch diverse Taxen unterschiedlicher Antriebsart entgegen, die sich trotz Radfahrer-Gegenverkehr ungehemmt gegenseitig überholen. Wollen die alle zu Jules?

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Am Ufer ein Mann auf Oktopusfang. Ein kleines bißchen traditionelles La Digue. So war es früher bei Jules auch, aber das wird seinen heutigen Bedarf nicht mehr decken.

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Als ich an der Ruine vorbeikomme, halte ich an und klettere durchs Unterholz ins Haus. Das wollte ich immer schon mal tun, also muß es heute sein! Ich liebe so alte halb verfallene Gemäuer, auch dieses Haus ist bereits halb zugewuchert, und dennoch stehen noch alte Möbel darin.

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Wer hier wohl mal gelebt hat und warum es aufgegeben wurde? Ich mag es, über so etwas zu rätseln. Der Ort hat bei allem Verfall etwas Romantisches, die Sonne scheint durch das eingestürzte Dach und an den Wänden sind Graffiti, die ich nicht entziffern kann.

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Ansonsten dominiert auf La Digue eher das Gegenteil: Häuser, die erst im Entstehen begriffen sind. Während ich langsam über die Insel zurückradele fällt mir auf, daß es kaum ein paar Meter gibt, auf denen nicht irgendwo gerade irgendeine Art von Bautätigkeit herrscht.

Ob in La Passe, wo der neue Fischmarkt

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und neue Luxusappartements entstehen,

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dazu zahlreiche teilweise sehr große Gästehäuser, die in den letzten Jahren entstanden sein müssen.

Man beachte bitte die Luftansicht auf der Hinweistafel, um zu ermessen, wie groß diese Anlage ist:

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Am Anfang des Weges, der von La Passe aus in die Inselmitte abzweigt, ist die Müllkunst im Garten inzwischen verschwunden.

Wer weiß, lange wird es sicher nicht dauern, bis hier, so nah am Ort, ein Gästehaus entsteht. Auf dem Grundstück gegenüber ist es bereits soweit:

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Suse
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von Suse »

Beim B & M-Store liegt das Baumaterial schon bereit. Der Fairness halber: Es könnte sich hier tatsächlich ausnahmsweise mal nur um Reparaturarbeiten handeln. :wink:

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Im Calou wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Unser alter Bungalow mit der Schildkröten-Wandmalerei hat sich in ein schickes verklinkertes Gebäude verwandelt und oberhalb des Creole House wird ein riesiger Klotz in den Berg gezimmert.

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Der Graben, ein Ablauf des bereits erwähnten Süßwasserareals im Inselinneren, der 2011 noch Wasser führte

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und in dem mr.minolta ein halbwegs gesundes Biotop mit Frauenhaarfarn und Mangrovenkrabben fotografieren konnte

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ist ausgetrocknet und wirkt wie von einer Kalkschicht überzogen. Hier lebt gar nichts mehr


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außer Touristen, die den Takamaka durch den Schnorchel inhalieren.

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Bäume werden gefällt, Kreissägen kreischen,

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bis ins Witwenreservat dringt das Getöse der Betonmischer und Vorschlaghammer. Es wird gebaut

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gebaut,

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gebaut

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Abends verkneife ich mir allzuviel Lamentieren über die veränderten Verhältnisse. Wir werden von Nevis und Ted kreolisch bekocht, und ich will nicht den Eindruck der alles kritisierenden Ewiggestrigen machen. Die Menschen hier leben vom Tourismus. Aber ach… als ich schlafen gehe, bin ich schon recht bedrückt. Wie eine Zitrone kommt mir La Digue vor, aus der gerade das Letzte herausgepreßt wird.
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mr.minolta
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Re: Palmen, Pest und Platten - Seychellen Oktober 2017

Beitrag von mr.minolta »

Suse hat geschrieben:Beim B & M-Store liegt das Baumaterial schon bereit. Der Fairness halber: Es könnte sich hier tatsächlich ausnahmsweise mal nur um Reparaturarbeiten handeln. :wink:

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Leider nein...

Es werden mehrere Gebäudeteile auf der rechten Seite angesetzt. Zum Vergleich der Zustand von 2011:

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