Der Silberne wirkt durch die hellere Farbe großzügiger und offener, man kommt sich nicht mehr ganz so sehr vor, als ob man in einer Wanne sitzt. Insgesamt finde ich ihn optisch auch nicht unangenehmer als den schwarzen, irgendwie hat er was von einem Hai.
Nur der Mister dreht jetzt am Rad. Schon auf der Rückfahrt geht es bei Grün ab die Post, innerhalb von Sekunden sind die anderen Autos, die eben noch rechts und links mit uns an der Ampel standen nur noch winzige Punkte im Rückspiegel. Nachdem ich mir den Schädel an der Kopfstütze gestoßen habe und vom Fahrersitz nur mehr hysterisches Gekicher kommt, ist es Zeit, dem Mister zu erläutern, daß man mit so einem Auto auch beifahrerverträglich fahren kann. Ich freu mich ja für ihn, aber diese Aktion hat er jetzt gleich dreimal gemacht: Zum ersten, zum einzigen und zum letzten Mal.
Der Orange Blossom Trail ist nicht ohne Grund mit Werbeschildchen von Scheidungsanwälten gepflastert


Morgen reisen wir ab. Allzusehr wird der Challenger da noch gar nicht gefordert werden, denn unser nächstes Ziel liegt nur zwei Ausfahrten weiter: Gotha.
Wer hätte das gedacht, Gotha liegt in Florida, und da wollen wir morgen hin. Bis dahin hab ich noch etwas vorzubereiten. Während der Mister draußen um den silbernen Challenger herumschleicht und vermutlich weiterhin glückselig vor sich hin kichert, sitze ich im Zimmer und male ein Bild.
Ein kleines Mitbringsel für unseren Besuch morgen. Eine Vorstellung, für wen es gedacht ist?

Am nächsten Morgen beladen wir den Wagen und brechen zeitig auf. Es nieselt leicht, wir haben Glück gehabt, das Wetter war bis zu unserer Abreise hochsommerlich. Jetzt geht es in den Norden, mal sehen, wie es da ist.
Der Challenger blubbert so laut, daß man es auf dem ganzen Gelände hört und der costaricanische Motelmanager schaut mit seinem Sohn um die Ecke und sie winken uns nach. Die nette Familie bewohnt eines der Zimmer neben unserem und hat den Mister abends beim Dampfen immer ihre vor der Tür aufgebauten Gartenmöbel mitbenutzen lassen. Eigentlich gehört er schon fast zur Familie, zumindest, was den kleinen Sohn angeht.
Das Motel liegt direkt neben dem Turnpike, aber wir fahren schon zwei Ausfahrten später wieder ab.
Gotha liegt am nordwestlichen Rand von Orlando und beherbergt einen der größten Friedhöfe Floridas, den Woodlawn Memorial Park. Der Friedhof ist leicht zu finden und gut ausgeschildert, schwieriger wird es schon mit dem Grab selbst, das wir hier suchen, in Section O, Lot 537, denn der Park ist wirklich riesig, inklusive See, zahlreichen Skulpturen und riesigen Live Oaks voller Spanish Moss.

Es gibt tolle Steine hier, viele, die erkennen lassen, was der Verstorbene zu Lebzeiten mochte.

Nur das, das wir suchen, sehen wir nicht. Es nieselt jetzt stärker, aber wir wollen das jetzt nicht abbrechen. Mein Bild wandert in eine schützende Plastikhülle und wir stiefeln die Reihen ab. Die Gräber selbst sind nicht erkennbar durchnumeriert und das Grab, das wir suchen, hat eine flache, im Rasen versenkte Platte und ist von daher von weitem nicht gut zu erkennen.
Es ist ja Ostersonntag und ein Stück entfernt hält eine Großfamilie ein Picknick um ein Grab eines vermutlichen Familienangehören ab, die wollen wir jetzt nicht mit so einer peinlichen Touristenfrage behelligen. Aber wir haben Glück, ein anderes Auto rollt heran, die Leute haben Angehörige hier liegen und wissen genau, wo das ist, was wir suchen. Wir sind mehrmals daran vorbeigelaufen.

Ja, da liegt er, Robert Norman Ross, besser bekannt als Bob Ross, der Maler, dem sicher viele von uns unterhaltsame Stunden verdanken. Wir mochten ihn jedenfalls sehr, mit seinen happy little clouds und happy little trees. Obwohl er so viel Freude in das Leben vieler Menschen brachte, war sein eigenes nicht immer nur glücklich.
https://www.youtube.com/watch?v=h5nMXlA-_rM
Wir verbringen hier ein paar Minuten, außer uns ist ja niemand sonst da, den wir stören könnten. Mein kleines Machwerk platzieren wir am Rand des Grabs und beschweren es mit einigen der handbemalten Steine, die andere Fans hier hinterlassen haben.
Dann geht es zurück auf den Turnpike, es regnet weiter und der Mister bemüht sich um eine gemäßigte Fahrweise.
Vielleicht ist es ja auch der beruhigende Einfluß von Bob Ross, der hier am Werk ist.
https://www.youtube.com/watch?v=Urc9lKFe-m8
Wir blubbern also gemächlich nach Norden. Hier ist es deutlich kühler als im tropisch-schwülen Orlando. Die Blumenwiesen lassen ahnen, daß wir voll in den floridianischen Frühling kommen. Und als wir hinter Ocala die ersten Welcome Schilder mit Windelgators sehen, wissen wir: Wir sind wieder im real Florida, wo es uns am besten gefällt.

Am späten Nachmittag erreichen wir Lake City. Wir hatten leichte Befürchtungen, vielleicht auf ein überfülltes Motel zu stoßen, denn es ist ja Ostersonntag. Aber da man hier ja keinen Ostermontag kennt, sind die Feiertagsreisenden wohl alle schon abgereist. Die Lodge liegt verlassen da.
An der Rezeption hat zu unserem Glück die sprichwörtliche Amber Dienst, zu der der Mister letztes Jahr regelmäßig an die Rezeption pilgern mußte, um W-LAN zu haben. Sie erkennt uns wieder und der Stammgast-Effekt in Kombination mit dem sich nun anschließenden Langzeitaufenthalt von über drei Wochen bringt uns ein tolles Upgrade ein. Anstelle eines normalen Motelzimmers erhalten wir eine der wenigen Suiten, die das Motel bereithält, und das zu einem Schnäppchenpreis.
Wir richten uns häuslich ein und stellen die schon in Orlando erworbenen Klappstühle vor die Tür. Zur Feier des Tages gibts jetzt erstmal ein paar Peeps. Schon Monate vorher habe ich mich auf die Sonderedition gefreut, und ja, sie schmecken wirklich wie Dr. Pepper Cola! So lecker!

So sitzen wir da und genießen den hereinbrechenden Abend. Abgesehen von einem weiteren Fahrzeug, das weit von uns entfernt parkt, sind wir wie so oft die einzigen Gäste. Wäre es nicht abends noch so empfindlich kühl, hätten wir jetzt den puren Luxus eines Pools ganz für uns allein. Morgen müssen wir einkaufen, wir wollen so oft wie möglich grillen. Wenn wir Glück haben, haben wir auch den Grillpavillon wie üblich fast ganz für uns allein.
