Wir nehmen ein wenig wehmütig Abschied von White Springs und machen uns auf Richtung Süden. Am Alligator Lake ist außer einer Geburtstagsfeier einer Großfamilie, die schier endlose Lebensmittelvorräte aus ihren Autos herausholt, weit und breit niemand, so daß wir die Wahl zwischen verschiedenen Grills haben. Der Grillplatz ist der sauberste und am besten ausgestattete, auf dem wir auf der ganzen Reise gewesen sind, die Bänke und Tische sind sogar überdacht. Es wird unser letztes Grillen in diesem Urlaub. Seufz. Wir hätten auch in Paynes Prairie grillen können, aber die Angst vor einer erneuten Begegnung mit Fegefeuer und Verdammnis hielt uns davon ab. So fahren wir nach dem Essen die knappe Stunde nach Gainesville und kämpfen unterwegs gegen die Freßnarkose.
Am Highway 441, der die Paynes Prairie durchschneidet, gibt es einen Boardwalk mit Aussichtsplattform. Dorthin schleppen wir unsere Klappstühle und werden fortan von anderen Besuchern für Angler gehalten. Was hier natürlich verboten ist.
Von einem wirklichen Sonnenuntergang kann allerdings keine Rede sein, der Himmel zieht sich zu, es ist drückend schwül, aber trotzdem sehr schön. Wir sehen einige sehr große Alligatoren, die sich vor dem Hintergrund der direkt hinter ihnen verlaufenden Autobahn noch urtümlicher ausnehmen. Auf den Schilfinseln im Sumpf blüht das Hechtkraut und leuchtet blau in der Dämmerung. Und so endet unser letzter sonniger Tag in Florida.
Am nächsten Tag brauchen wir nicht nachzudenken, ob wir nochmal in Ginnie oder einer anderen Quelle schwimmen wollen, wir könnten das auch direkt auf dem Motelparkplatz tun. Albertos Ausläufer sind angekommen, es schüttet ohne Unterlaß. Wir frühstücken und linsen ab und zu durch die Vorhänge, aber keine Änderung. Nun gut, es ist, wie es ist. Gegen Mittag müssen wir aber raus, wir haben gestern alles aufgegessen, irgendwo müssen wir uns Mittagessen beschaffen. Wie schön, daß in Motels das Auto direkt vor der Zimmertür parkt.
Nachdem wir feststellen mußten, daß das chinesische All you can eat-Buffet nicht mehr existiert, bleibt uns noch der Kentucky Fried Chicken, der hier in Lake City eines dieser raren Exemplare ist, die am Wochenende Buffet anbieten. Das Restaurant ist heute am Sonntag gut besucht, das schlechte Wetter trägt sicher sein übriges dazu bei. Die schwarze Bevölkerung von Lake City kommt vermutlich aus der Kirche, so gut angezogen und zurechtgemacht, wie sie sind.
Das Buffet ist trotzdem noch in vollem Gang, wir futtern uns durch Coleslaw, Käsemakkaroni und Hähnchenteile. Inzwischen ist es auch ordentlich windig geworden, ungemütlicher geht es kaum. Kein Wagen außer unserem auf den Straßen, das Blanche Hotel wirkt besonders unheimlich in diesem Wetter. Im Vorbeifahren werfe ich einen mißtrauischen Blick zu den Fenstern hinauf, richtiges Gespensterwetter heute. Wir drehen eine Runde um den Lake de Soto und schauen nach den Küken. Anders, als wir es vermutet haben, verbergen sie sich nicht im Schilf in der Uferzone, sondern unter den Büschen in den Vorgärten. Mitleiderregend verfroren sehen sie aus, daß man sie am liebsten alle einsammeln würde.
Zurück im Motel müssen wir dann unsere Habseligkeiten einsammeln, und das ist schwieriger als gedacht. Nicht nur, daß viele Sachen klamm sind durch die ständige hohe Luftfeuchtigkeit und den Regen (die Badeanzüge sind schon gleich gar nicht mehr richtig getrocknet), außerdem haben wir auch allerhand gekauft. Wenig „richtige“ Souvenirs, eher praktische Dinge, die hier günstiger sind als in Deutschland, aber dennoch. Die verbliebene Flasche Naked Turtle Rum wandert mehrmals zwischen unseren Koffern hin und her bis sie schließlich einen sicheren Platz gefunden hat. Wie gern würde ich dazu eine Gallone White Water Wave mitnehmen, und gleich noch eine mit Eistee dazu, aber das geht ja nicht.
Was wir ebenfalls nicht nach Deutschland werden mitnehmen können, sind unsere Klappstühle, für die müssen wir uns noch eine Lösung überlegen. Letztes Mal haben wir sie in Panama City Beach verschenkt und damit ein paar Strandbesucher glücklich gemacht, aber diesmal ist hier kein Strand mehr, denn am nächsten Tag geht es über Landstraßen nach Orlando.