Dienstag, 03.07.2018 / Baltimore
Nun - böse, aber sehr schnell, praktisch und günstig nutzen wir heute den Uber-Service: private Fahrer mit eigenem Auto, bestellt per Smartphone App. In Deutschland verboten aufgrund der schlechten Bezahlung der Fahrer sowie um dem Taxi-Gewerbe nicht zu schaden. Hier im Land des Billiglohns aber völlig selbstverständlich, Taxen sind eh kaum zu sehen und ÖPNV gibt es kaum - zwar fährt hier eine sogar kostenlose Buslinie, aber die bringt uns nichts weil sie nicht an unserem Wohnort und unseren Zielen entlang fährt. Zum guten Gewissen trägt die Uber-Nutzung zwar nicht bei, aber wir werden ihn dennoch aus oben genannten Gründen noch öfter nutzen.
Wir fahren also per Uber wieder zum Inner Harbor. Dort begeben wir uns immer wieder mal in die begehbaren Kühlschränke und kaufen die eine oder andere Kleinigkeit. Junior hat hier seinen Lieblingsladen entdeckt – „It´s Sugar“, der Name ist Programm; ein Laden grell und bunt voll mit den kleinen Monstern die nachts die Kleidung enger nähen, Löcher in die Zähne bohren sowie die Beweglichkeit und Lebenserwartung einschränken. Und weil es hier so schön bunt und kühl ist und es immer etwas zum Schmunzeln zu entdecken gibt schauen wir hier gern mal rein wenn wir in der Nähe sind.

Wenn es mit 6 Dollar pro Rolle nicht so teuer gewesen wäre hätte ich das gerne gekauft.
Zurück in der Wohnung erholen wir uns ein wenig vom visuellen Zuckerschock und sind schon voller Vorfreude auf das Baseballspiel der Baltimore Orioles, welches wir heute Abend besuchen wollen.
Die Online-Tickets in der Hand lassen wir uns am späten Nachmittag per Uber vor das Stadion fahren.

Gähnende Leere…
Komisch, etwa eine halbe Stunde vor Spielbeginn ist es hier aber noch ganz schön leer. Zwar kommen wir in den Stadionbereich, aber die Buden sind alle zu und nur vereinzelt scheint sich hier jemand verlaufen zu haben. Und es wird nicht voller… Junior wartet sehnsuchtsvoll auf die Öffnung der Shops weil er sich ja stilgerecht noch ein Käppi wünscht. Wir schauen direkt in das Stadion, machen schon mal ein paar Fotos, aber…kommen die alle soooo spät? Wir wissen zwar dass man zu einem Baseballspiel eher zum Socialising geht anstatt aus echtem sportlichen Interesse und dementsprechend auch schon mal nach Spielbeginn erscheint, aber es herrscht einfach total tote Hose. Und warum haben wir vorhin eine Nachricht auf dem Handy bekommen welche uns als Philly-Fans (der heute gegnerischen Mannschaft aus Philadelphia) begrüßt? Äh, wir sind doch in Baltimore… schnell mal nachsehen… auf dem Ticket steht ja gar nicht Camden Yards, dem Stadion der Baltimore Oreoles…. Uns dämmert es: wir haben Tickets für ein Auswärtsspiel besorgt und sollten stattdessen jetzt in Philadelphia sein! Aber da sind wir doch erst am Freitag…
Nun, jetzt ist klar, das wird heute nichts mit einem Baseballspiel und somit machen wir uns, einerseits enttäuscht (Junior) andererseits über die eigene Doofheit schmunzelnd wieder auf den Weg zurück.
Als wir wieder in der Tür stehen werden wir fragend angesehen; ob das Spiel denn soooo langweilig gewesen sei!??!
Wir beschließen die Sache mit Humor zu nehmen und lassen den Abend mit einem kühlen Bierchen ausklingen.
Mittwoch, 04.07.2018 / Baltimore
Heute bummeln wir wieder zu Dritt ein wenig durch Baltimore und gehen gegen Mittag zusammen mit meiner Freundin und ihren Jungs in den nahegelegenen Patterson Park. Es ist heiß, wir machen es uns im Schatten gemütlich, die Jungs spielen und anschließend lassen wir uns ein übergroßes Eis schmecken, das kaum bzw. für die Jungs gar nicht zu schaffen ist. Kleine Portionen gibt es nicht, wir sind eben in Amerika. Nein, Essen wegwerfen ist nicht in Ordnung, aber da die Kinder somit schon auf große Portionen gedrillt werden sind wir uns hier einig: Was die Kinder nicht schaffen, müssen sie auch nicht aufessen. Amerikanische Mentalität trifft auf deutsche Mentalität.
Achja, da war ja noch etwas, durchaus von großer Bedeutung für die US-Amerikaner: heute ist ja Nationalfeiertag! Und da hier offenbar selbst am Nationalfeiertag nichts heilig ist werden die Einkäufe für das heutige Barbecue mit Freunden eben auch heute eingekauft. Gemeinsam machen wir uns also auf den Weg zum Food Shopping.
Ich liebe es in anderen Ländern die Lebensmittelmärkte zu durchstöbern. Meinem Junior habe ich z.B. von den endlosen Reihen an Cereals und Getränke-Kanistern seinerzeit im Walmart erzählt, was mich bei meiner ersten Reise in den USA in den 90ern sehr beeindruckt hat. Er konnte es also kaum erwarten mal zum „Walmart“ zu gehen. Nee, Walmart lieber nicht, den haben wir hier auch gar nicht, gab es von meiner Freundin zur Antwort. Große Enttäuschung beim Junior. Warum nicht? Walmart hat hier keinen guten Ruf, nunja, da geht eher die untere Schicht einkaufen, und dementsprechend sieht es da auch aus. Aber es gibt ja Alternativen gleicher Größe und so fahren wir standesgemäß im großen Auto auf den großen Parkplatz vor dem großen Supermarkt. Nicht dass wir in Deutschland auch entsprechende Supermärkte hätten, aber zugegeben neigt man hier dann doch zu allerlei Übertreibungen in jeglicher Form.
Somit haben wir dann auch bald den großen Einkaufswagen vollgeladen und bugsieren ihn Richtung Kasse, mitleidsvolle Blicke auf die Kassiererinnen werfend die hier den ganzen Tag stehend statt sitzend kassieren müssen. Mit vier Personen stehen wir also an der Kasse und lassen die Kassiererin alles in Tüten und dann in den Einkaufswagen packen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit. Der Kunde braucht die Finger nicht krumm machen, muss sich dafür aber in Geduld über. Hier kommt wieder die deutsche Mentalität durch und ich/wir würde(n) am liebsten mit anpacken damit es schneller geht. Man kann es mit dem Service auch übertreiben bzw. an angemessenen Stellen einsetzen (z. B. der Kassiererin einen Stuhl gönnen). Aber: wir sind ja in Amerika!
Zu Hause angekommen werden dann die Festvorbereitungen begonnen. Barbecue mit deutschem Kartoffelsalat!
Zu Juniors großer Freude wehen schon seit Tagen vermehrt Nationalflaggen entlang der Straßen, und auch seine in den letzten Tagen angeschafften neuen Errungenschaften in diversen Größen können nun endlich in angemessener Forum zur Geltung kommen. Er liebt Flaggen, auch der heimische Garten und allerlei Fahrzeuge werden gerne damit ausstaffiert, und hier in diesem Land teilt man offenbar seine Leidenschaft. Klasse!
Am späten Nachmittag sausen auf einmal Kampfjets unüberhörbar über uns hinweg, und die beiden „kleinen“ Jungs deuteten dies schon als Zeichen dass vielleicht die Blue Angels, die Kunstflugstaffel der United States Navy, heute noch ein Gastspiel hier geben könnten. Beide sind Fans davon und völlig aus dem Häuschen und machen auch unseren Junior damit ganz raschelig. Doch die Recherche im Internet ergibt keinerlei Hinweis darauf, und somit müssen sie sich mit kleinen Videos vergnügen.
Dann treffen die Gäste ein und es wird fröhlich gegessen und getrunken. Junior ist mit seinem spärlichen Schulenglisch nun doch überfordert zwischen all den englischsprachigen Kids die auch noch wild durcheinanderbrabbeln und zieht sich phasenweise zur Entspannung mit dem Handy – sorry, cell phone – zurück.

Home Sweet Home
Doch dann ist die Zeit für eine seine weiteren Leidenschaften gekommen. Erwartungsvoll stiefeln Klein(vorweg) und Groß die Treppen ganz nach oben auf die Dachterrasse: Das Feuerwerk beginnt!
So stehen wir hier oben inmitten einer lauen Sommernacht mit herrlichem Blick über die Stadt und alle verfolgen das Spektakel mit vielen „Ahs“ und „Ohs“.
Kurz danach werden dann die Feierlichkeiten für beendet erklärt denn für die Kids gilt: morgen ist ja wieder… Holiday Camp!